Wirbelbrüche: OP – ja oder nein?

Die zarten Wirbelkörper des Rückgrats brechen infolge einer Osteoporose besonders häufig. Der Volksmund spricht wegen der zunehmenden Krümmung wenig schmeichelhaft vom „Witwenbuckel“. Eine Operation verspricht Schmerzlinderung. Doch wann ist der Eingriff wirklich sinnvoll?

Wirbelkörper, die wegen einer Osteoporose porös sind, brauchen in der Regel keine zusätzliche Gewalteinwirkung von außen, um zu brechen – die Belastung durch den eigenen Körper ist genug. Denn die Wirbel tragen nicht nur einen großen Teil des Körpergewichts, sondern sind auch starken Zug- und Ziehkräften ausgesetzt, die mit den Bewegungen des Rumpfes einhergehen.

Wirbelkörper brechen langsam

Der Wirbelkörperbruch ist meistens ein Prozess. Nach und nach fällt der Knochen in sich zusammen. Dieses zunehmende Einbrechen nennen Mediziner „Sintern“. Doch nicht alle Wirbelbrüche, die auf dem Röntgenbild deutlich zu erkennen sind, verursachen Schmerzen. Vor allem anfangs, wenn der Wirbelkörper erst leicht verformt ist, haben viele Patienten noch keine Beschwerden. Zudem verfestigen sich die meisten Brüche innerhalb von wenigen Wochen von selbst. Solche alten, stabilen Frakturen zu operieren ist sinnlos, denn sie tun nicht weh.

Illustration der Wirbel

© Judith Glick Ehrenthal / © cosmin4000

Ob ein akuter Rückenschmerz auf einen Wirbelkörperbruch zurückzuführen ist oder auf verspannte Muskeln, Rheuma, Bandscheibenprobleme oder einer der anderen zahlreichen Ursachen für Rückenleiden, ist nicht so leicht festzustellen. Bevor eine OP durchgeführt wird, sollte daher sorgfältig abgeklärt werden, ob der Rückenschmerz überhaupt mit der Lokalisation der Fraktur in Beziehung steht.

Eine konservative Therapie ist in den meisten Fällen ausreichend

Auch wenn dies der Fall ist, ist eine Operation nicht zwingend notwendig. Dem größten Teil der Patienten kann man mit einer konservativen Therapie sehr gut helfen. Bis der Bruch sich verfestigt hat erhält der Patient starke Schmerzmittel, manchmal auch ein stützendes Korsett. Nur wenn mit Hilfe der Medikamente keine Linderung der Schmerzen eintritt oder der Patient die Präparate nicht verträgt, ist eine Operation erforderlich. Mit dem Eingriff sollte man allerdings nicht zu lange warten – nicht nur, weil der Patient unter den andauernden Schmerzen leidet, sondern auch, weil diese ihn häufig ans Bett fesseln. Die schmerzbedingte Immobilation ist gefährlich, da das Risiko für Thrombosen, Lungenembolien oder die Entwicklung von Infekten steigt und sich die Muskulatur rasch abbaut. Auch wenn der Knochen weiter sintert ist eine Operation sinnvoll, um den Wirbelkörper möglichst zu erhalten und einen vollständigen Zusammenbruch zu vermeiden.

Kyphoplastie ist das sicherste Verfahren

Foto © Tatomm

Eine sogenannte Orthese (Stützmieder) kann die Schmerzen nach einem Wirbelbruch lindern. Foto © Tatomm

Hierfür stehen zwei operative Methoden zur Wahl. Bei der sogenannten Kyphoplastie wird der betroffene Wirbelkörper zunächst mit Hilfe eines aufblasbaren Ballons aufgerichtet. In den so geschaffenen Hohlraum spritzt der Operateur meist einen speziellen Kunststoff, in seltenen Fällen auch Zement. Die Füllstoffe härten innerhalb weniger Minuten aus. Auch bei der so genannten Vertebroplastie wird der gebrochene Wirbelkörper durch das Einspritzen eines Füllmaterials aufgerichtet und stabilisiert, allerdings ohne dass der Wirbelkörper zuvor durch einen Ballon geweitet wurde. Das nachweislich sicherere Verfahren ist die Kyphoplastie. Denn hier ist die Gefahr geringer, dass Teile des Kunststoffes im angrenzenden Gewebe landen – mit zum Teil gravierenden Folgen.

Fast alle Patienten sind bereits wenige Tage nach der Operation ihre Schmerzen ganz oder größtenteils los – vorausgesetzt, die Fraktur war tatsächlich der Grund für ihr Rückenleiden. Der schmerzreduzierende Effekt hat vor allem zwei Ursachen: Zum einen hört der Knochen auf, weiter zu sintern. Zum anderen zerstört der Eingriff die Binnenstruktur des Wirbelkörpers und damit auch dessen Schmerzfasern.

Das Risiko weiterer Brüche bleibt

Doch die Operation kann die Wirbelsäule nicht wieder aufrichten, die sich infolge der Brüche weit nach vorne krümmt – der für eine Osteoporose charakteristische Buckel bleibt. Auch das Risiko weiterer Brüche verringert sich durch den Eingriff nicht. Osteoporose-Patienten mit einer Fraktur haben ein vierfach erhöhtes Risiko, innerhalb des nächsten Jahres einen neuen Wirbelbruch zu erleiden.

Mit Hilfe von Medikamenten lässt sich die Knochenfestigkeit zwar verbessern. Um Stürzen gezielt vorzubeugen und die Stabilität der Knochen zu fördern, sind zusätzlich regelmäßige Bewegung und kalziumreiche Ernährung dringend notwendig.