Patientenkongress in Pyrmont:  Selbsthilfe tut gut

Vor 20 Jahren galt Osteoporose noch als „Altweiberkrankheit“, gegen die man nichts tun könne. Dass sich das inzwischen geändert hat, ist nicht zuletzt engagierten Ärzten wie Prof. Helmut Minne zu verdanken, der als ärztlicher Direktor die erste deutsche Spezialklinik für Osteoporose in Bad Pyrmont bis 2010 leitete. Was sich seitdem alles getan hat in der Osteoporose-Therapie und was jeder Patient selbst tun kann, um mit der Krankheit gut zu leben, erfuhren am 20. Oktober die rund 500 Besucher des BfO-Patientenkongresses im Konzerthaus Bad Pyrmont.

Die Kongressteilnehmer, überwiegend Mitglieder der 300 Selbsthilfegruppen des Bundesselbsthilfeverbandes für Osteoporose (BfO), scheuten keine Mühen und nahmen zum Teil weite Anreisen aus Halle, Berlin, Würzburg oder Freiburg auf sich, um auf dem 18. BfO-Patientenkongress anlässlich des Weltosteoporosetages mit dabei zu sein.

Etwa sechs Millionen Menschen leiden in Deutschland an Osteoporose. Rückgängig machen lässt sich die Erkrankung nicht, der krankhafte Knochenabbau ist chronisch. Trotzdem kann man viel tun, um ihn zu bremsen. „Wir haben eine Vielzahl von gut wirksamen Medikamenten, die helfen, Knochenbrüche zu verhindern. Sie alle sind nachgewiesenermaßen umso wirksamer, je mehr wir auch unsere Lebensgewohnheiten auf die Osteoporose abstimmen. Neben der Ernährung und der Risikominimierung spielt dabei eine wesentliche Rolle das Training von Muskulatur, Schnelligkeit, Ausdauer und Koordination“, erklärte Tagungspräsident Christian Hinz, Experte auf dem Gebiet der Knochenerkrankungen und Chefarzt der Orthopädie und Osteologie der Klinik Der Fürstenhof.

Anfangs unterschätzt

Als im Juli 1991 Der Fürstenhof als erste deutsche Fachklinik für Osteoporose seine Pforten öffnete, bezweifelten viele Mediziner die Notwendigkeit einer solchen Einrichtung. Die Schwere der Krankheit und ihre Folgen wurden unterschätzt. „Erst nachdem einige groß angelegte Studien belastbare Daten lieferten und klar zeigten, dass die osteoporotischen Frakturen und die häufig nachfolgende Invalidität und Pflegebedürftigkeit immense Kosten verursachten, wendete sich das Blatt“, erzählte Prof. Helmut Minne, der seiner ehemaligen Wirkungsstätte in Bad Pyrmont nach wie vor eng verbunden ist.

Mittlerweile stehen wirksame Medikamente zur Verfügung, die das Frakturrisiko deutlich senken. „Vollständig verhindern können sie Brüche jedoch leider nicht“, warnte Dr. Ana Doina Lazarescu, Oberärztin an der Klinik Der Fürstenhof, in ihrem Vortrag über aktuelle Empfehlungen in der medikamentösen Therapie. Sie klärte auch über Nebenwirkungen auf, betonte jedoch, dass der Nutzen der Medikamente bei weitem überwiege. Die von vielen Patienten befürchtete Kiefernekrose als Nebenwirkung der Bisphosphonate sei angesichts der Fallzahlen von 0,001 bis 0,01 Prozent ein zu Unrecht häufig beschworenes Schreckgespenst, das sich durch regelmäßige Zahnarztbesuche, sorgfältige Zahnpflege und gegebenenfalls durch eine antibiotische Prophylaxe gut in den Griff bekommen lasse.

Nahrungsergänzungsmittel sind fast immer überflüssig

Als Basistherapie bei Osteoporose unverzichtbar ist eine knochengesunde, kalziumreiche Ernährung. Dr. Wolfgang Brückle, Senior Consultant an der Klinik Der Fürstenhof, informierte in diesem Zusammenhang über den zweifelhaften Nutzen der zahlreichen, stark beworbenen Nahrungsergänzungsmittel. Er betonte: „In der Regel können Sie ihren Bedarf an Nährstoffen durch eine gesunde Ernährung decken.“ Einzige Ausnahme sei Vitamin D, das vor allem mit Hilfe von UV-Strahlung in der Haut gebildet wird. Da die Fähigkeit des Körpers, Vitamin D herzustellen und zu speichern mit dem Alter abnehme, sei eine zusätzliche Einnahme von 800 bis 1000 IE Vitamin D notwendig. Verteufeln wolle er Nahrungsergänzungsmittel jedoch nicht. Bei manchen Erkrankungen mache die zusätzliche Gabe von Nährstoffen Sinn. So sei eine ausreichende Aufnahme des bei Osteoporose so wichtigen Kalziums über die Nahrung bei Glutenunverträglichkeit oder entzündlichen Darmerkrankungen nicht möglich.

Eine positive Grundeinstellung ist unverzichtbar

Dr. Michael Schwarz-Eywill, als Internist und Rheumatologe ebenfalls an der Klinik Der Fürstenhof tätig, betonte in seinem Vortrag die Bedeutung der Psyche für eine erfolgreiche Therapie. Dem pflichtete Gisela Klatt, Präsidentin des BfO, ausdrücklich bei: „Wer an einer chronischen Krankheit leidet, braucht einen langen Atem. Die ärztliche Therapie ist das eine, genauso wichtig ist aber psychische und soziale Unterstützung. Hier bieten unsere Selbsthilfegruppen die ideale Hilfe. Der Erfahrungsaustausch mit anderen, die gemeinsame Osteoporose-Gymnastik und verschiedene gemeinsame Unternehmungen machen Mut und tun der Seele gut.“

Sich für andere einzusetzen, Verantwortung für eine Gruppe zu übernehmen und sich ehrenamtlich zu engagieren – das ist nicht selbstverständlich. Der BfO zeichnet daher jedes Jahr auf dem Kongress mit der „OsteopoRose“ Gruppen aus, die sich um die Osteoporose-Selbsthilfe durch außergewöhnliche Projekte im Bereich Mitgliederwerbung und Öffentlichkeitsarbeit besonders verdient gemacht haben. Diesjährige Preisträger waren die Gruppen Ahlen (Westfalen), Gevelsberg und Kühlsheim.


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Kontakt

Dr. Sonja Endres
Bundesselbshilfeverband für Osteoporose e.V. (BfO)
Referentin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Tel.: 0 81 61 – 23 46 574
sonja.endres@osteoporose-deutschland.de

Über den BfO

Der Bundesselbsthilfeverband für Osteoporose e. V. (BfO) ist Dachverband für rund 300 Selbsthilfegruppen in ganz Deutschland und hat 15.000 Mitglieder. Er ist unabhängiger, kompetenter Ansprechpartner für das Krankheitsbild Osteoporose und ihre Therapie, unterstützt die Gründung, Organisation und Finanzierung von Selbsthilfegruppen, vertritt die Interessen der Osteoporose-Patienten im Gesundheitswesen und informiert die Öffentlichkeit über die Krankheit, ihre Folgen und präventive Maßnahmen.